Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 – Roadmap im Hinblick auf die künftige CE-Kennzeichnung von Maschinen

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Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 – Roadmap im Hinblick auf die künftige CE-Kennzeichnung von Maschinen

Dass auf EU-Ebene im Juni 2023 eine neue Maschinenverordnung verabschiedet wurde, wird aktuell auf zahlreichen Fachtagungen und in den Fachmedien breit besprochen. Die neue Verordnung ist in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar gültig und wird anders als eine Richtlinie direkt in nationales Recht umgesetzt. 

Inhaltsverzeichnis
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    Wieso reicht die seit 2006 geltende Maschinenrichtlinie nicht mehr aus?

    Das erläutern wir in diesem Artikel zum Thema. Der Gesetzgeber führt zahlreiche Gründe aus, wieso die Verordnung zustande gekommen ist. Aus unserer Sicht sind hier vor allen Dingen diese beiden Punkte relevant:

    • Bei der Anwendung der Maschinenrichtlinie zeigen sich Mängel und Unstimmigkeiten bei den Produkten, die in den Anwendungsbereich fallen.
      Hier soll Klarheit geschaffen werden.

    • Ein Ziel ist es, das Konformitätsbewertungsverfahren zu verbessern und zu vereinfachen und es dabei an die Bedürfnisse des Marktes anzupassen. So sollen klare Regeln für den Rahmen festlegt werden. Aktuell relevante Themen wie Cyber-Risiken, autonome Fahrzeuge und KI sollen Berücksichtigung finden.

    Klar ist, dass viele aktuelle Herausforderungen, die 2006 bei Inkrafttreten der noch geltenden Maschinenrichtlinie noch nicht akut waren, heute aber eine hohe Relevanz haben. Denken Sie nur an Hackerangriffe auf Maschinen, die ein ernst zu nehmendes Sicherheitsrisiko sind, dem die Hersteller*innen – ebenso wie der Gesetzgeber – begegnen müssen. Dies ist nur ein Beispiel von vielen, das zeigt, wieso die Maschinenrichtlinie (MRL) nicht mehr ausreicht. Die neue Maschinenverordnung (MVO) umfasst folglich vor allen Dingen Änderungen bei den Themen Cyber Security, unvollständige Maschinen, KI, aber auch Sicherheit von Steuerungen.

    Was bedeutet der Stichtag am 20.01.2027 in der Praxis?

    Auch wenn die Maschinenverordnung bereits im Juli 2023 veröffentlicht wurde, gilt sie erst zum Stichtag am 20.01.2027. Bis dahin gibt es eine Übergangsfrist. Das klingt sehr marktnah und flexibel, ganz so stellt es sich in er Praxis aber nicht dar. Vielmehr ist der 20.01.2027 der Stichtag, ab dem in Verkehr gebrachte Maschinen, der neuen Maschinenverordnung entsprechen müssen. Bis zum 19.01.27 müssen Maschinenhersteller*innen ihre Maschinen hingegen noch nach der bisher gültigen Maschinenrichtlinie konform erklären.

    Die Maschinenhersteller*innen haben also Zeit, sich auf die neuen gesetzlichen Regelungen einzustellen. Eine wirkliche Übergangsfrist, in der sowohl die Maschinenrichtlinie als auch die Maschinenverordnung gültig sind, gibt es aber nicht. Denn mit dem Stichtag am 20.01.2027 tritt die neue Maschinenverordnung in Kraft.

    Fatal wäre es, wenn Maschinen durch Verzögerungen jedweder Art in der – zuweilen durchaus auch längeren – Phase vor dem offiziellen Gefahrenübergang ab Stichtag 20.01.2027 plötzlich nicht mehr konform nach der aktuellen Verordnung wären und bis zur Konformitätserklärung nach der neuen Maschinenverordnung aus diesem Grund stillständen.

     

    Schlüsselbegriff Inverkehrbringen

    Der Schlüssel für die relevante gesetzliche Regelung ist hier der Zeitpunkt, zu dem eine Maschine in Verkehr gebracht wird. Und das klingt einfacher, als es ist:

    • Händler*innen bringen Maschinen in dem Moment in Verkehr, in dem sie diese in ihrem Online-Shop freischalten und anbieten. Das lässt sich sehr klar definieren.

    • Für Hersteller*innen gestaltet sich das Thema etwas komplexer, da das Inverkehrbringen beim Übergang an den Kunden erfolgt. Je nachdem, ob der Hersteller*innen selbst oder der Kunde die Maschine aufbauen, sind Montage und Probebetrieb eingeschlossen oder eben nicht. Auch das hat Relevanz für die Konformitätserklärung und wird rund um den Stichtag besonders kompliziert. Es muss daher genau geplant werden. Denn wie bisher ist das erstmalige Inverkehrbringen für die Konformitätserklärung relevant.

    • Bei Verzögerungen im Lieferprozess oder beim Aufbau der Maschine, ist es sehr gefährlich, im Januar 2027 zu sehr auf den Stichtag und die alte Maschinenrichtlinie zu setzen. Wird dann nämlich aufgrund von Verzögerungen erst nach dem 20.01.27 ausgeliefert, ist die Maschine möglicherweise nicht konform und alle Papiere müssen neu erstellt werden. Zudem sind die neuen Regelungen zeitgemäß und sinnvoll. Es empfiehlt sich daher, sich rechtzeitig darauf einzustellen.

    Praxistipp Maschinenhersteller*innen sollten ihre Maschinen schon vor dem 20.01.2027 gemäß den Anforderungen der EU-Maschinenverordnung entwickeln, denn die Schutzziele der EU-Maschinenverordnung decken die der Maschinenrichtlinie mit ab. Dies ermöglicht den Maschinenhersteller*innen im Januar 2027, die Maschine, je nach Inverkehrbringungs-Datum, konform MRL oder MVO zu erklären.

    Was passiert mit Maschinen, die bereits in Betrieb sind?

    Für Maschinen aber, die bereits vor dem Stichtag in Verkehr gebracht wurden, müssen die Konformitätserklärungen, Anleitungen und andere Papier nicht neu erstellt werden.
    Maschinen, die bereits in Betrieb sind, können mit den alten Papieren weiterbetrieben werden. Nur für Maschinen, die neu in Verkehr gebracht werden, gilt die neue Verordnung mit ihren neuen Bestimmungen – und das ab dem Stichtag am 20.01.2027.

    Welche Änderungen sind zu erwarten?

    Die konstruktiv und regulatorisch wichtigsten Details zur Konformität eines Produktes stellen die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen (MAO, Anhang III) dar. Der damalige Anhang I und jetzt Anhang III hat sich nur marginal verändert, aber man muss leider sagen, dass der bürokratische und dokumentarische Aufwand sich erheblich vermehren werden. Dabei ist nicht immer eindeutig, wie dies in der Realität funktionieren soll:

    • Der Quellcode der Steuerung muss für Dritte lesbar sein und verständlich, mit Kommentaren umgesetzt werden. Diese Vorgabe gilt auch für KI-generierte Codes, welche ohne die Trainingsdaten nicht verständlich für Dritte sind.

    • Anleitungen sollen künftig digital ausgeliefert werden. Das ist sinnvoll und zeitgemäß, dennoch erwarten wir Probleme bei der Umsetzung, da die Anleitungen der Maschine nicht wie bisher 10 Jahre, sondern lebenslang beiliegen sollen. Wie stelle ich das als Maschinenhersteller*in sicher?

    • Mehr Protokollierung ist z.B. auch gefordert, wenn die Steuerung verändert wird. Mit dem Ziel, Hersteller*innen und Betreiber*innen vor Manipulation zu schützen, sollen die Vorgänge für immer nachvollziehbar sein. Auch das muss programmiert werden. Wie tracke ich, wer welche Änderungen vollzogen hat? Das ist nicht nur eine technische Frage, sondern auch datenschutzrelevant, da die Personenrechte der Mitarbeiter*innen berührt werden.

    Wann sollen Maschinenhersteller ihr Prozedere umstellen?

    Wir empfehlen unseren Kund*innen, sich frühzeitig mit den neuen Regelungen zu befassen und den Entwicklungsprozess zeitig auf die Maschinenverordnung anzupassen. Dieses Vorgehen wird bis zum Stichtag immer bedeutender, um Vertragsstrafen durch eine nicht konforme Maschine oder verspätetes Inverkehrbringen zu vermeiden.

    Dabei ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass Hersteller*innen nichts falsch machen, auch wenn sie ihre Maschinen heute schon nach den Vorgaben der Maschinenverordnung entwickeln und bauen.

    Die Regelungen der Maschinenverordnung gehen über diejenigen der Maschinenrichtlinie hinaus. Man läuft also nicht Gefahr, dass die Maschine den aktuellen gesetzlichen Vorgaben nicht mehr entspricht.

    Insbesondere mit Blick auf die digitalen Betriebsanleitungen empfehlen wir, frühzeitig Prozesse für die Umsetzung mit all ihren Implikationen zu entwickeln. Es spricht nichts dagegen, auch jetzt schon einen QR-Code auf dem Typenschild anzubringen und eine digitale Betriebsanleitung vorzuhalten.

    Das geht dann zwar über die aktuelle Maschinenrichtlinie hinaus, die gedruckte Form mitzuliefern, wie die Maschinenrichtlinie es fordert, ist leicht möglich. Die Umstellung auf digitale Anleitungen hingegen wird Zeit brauchen. Daher ist es sehr sinnvoll, sich hier auf die neuen Bestimmungen der Maschinenverordnung rechtzeitig vorzubereiten. Die Hersteller*innen stellen sich vielmehr zukunftssicher auf, indem sie digitale Prozesse schon vorbereiten, bevor diese gesetzlich gefordert werden.

    Gerade für KMU wird der zusätzliche Aufwand für bürokratische und dokumentarische Vorgaben eine Herausforderung werden. Umso mehr raten wir dazu, sich rechtzeitig auf die Änderungen einzustellen und unterstützen bei der Umstellung gerne.

     

    Mit unserer langjährigen Expertise im Bereich Maschinensicherheit unterstützen wir Sie gern als externe CE-Berater rund um die Themen der Risikobeurteilung, CE-Kennzeichnung und Technischen Dokumentation.

    Lars Knorre

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