CE-Kennzeichnung für selbst gebaute Maschinen im Eigengebrauch – 6 Irrtümer, die man vermeiden sollte

Startseite » Blog » CE-Kennzeichnung für selbst gebaute Maschinen im Eigengebrauch – 6 Irrtümer, die man vermeiden sollte

CE-Kennzeichnung für selbst gebaute Maschinen im Eigengebrauch – 6 Irrtümer, die man vermeiden sollte

Ganz klar, wenn ein Hersteller eine Maschine baut, muss diese rechtzeitig vor Inverkehrbringung in der EU eine CE-Kennzeichnung haben. Doch was passiert, wenn Maschinen rein für den Eigengebrauch selbst gebaut oder beispielsweise „nur“ durch eine Haltevorrichtung oder Hebevorrichtung ergänzt werden? Ist hierfür eine CE-Kennzeichnung nötig? Die kurze Antwort ist: Ja! 

Inhaltsverzeichnis
    Add a header to begin generating the table of contents

    Die 6 größten Irrtümer zu selbst gebauten Maschinen im Eigengebrauch

    Warum auch selbst gebaute Maschinen und weitere Produkte nach der Maschinenverordnung bzw. bis 2027 noch nach der Maschinenrichtlinie CE-kennzeichnungspflichtig sind, erläutern wir in diesem Blogartikel anhand der größten Fehlschlüsse in Bezug auf die CE-Kennzeichnung selbst genutzter Maschinen der Marke Eigenbau.

    Irrtum 1 ➔ „Ich verkaufe die Maschine nicht, also ist keine CE-Kennzeichnung nötig.“

    • Die Annahme „Ich verkaufe die Maschine nicht, also ist keine CE-Kennzeichnung nötig.“ ist leider falsch. Die Maschinenrichtlinie legt in Artikel 5 fest, dass die CE-Kennzeichnung bei Inverkehrbringung und / oder Inbetriebnahme der Maschine erfolgen muss.
      In Artikel 2 der Maschinenrichtlinie wird unter k) noch ausgeführt, was Inbetriebnahme genau bedeutet, nämlich: „Inbetriebnahme“ [ist] die erstmalige bestimmungsgemäße Verwendung einer von dieser Richtlinie erfassten Maschine in der Gemeinschaft;

    ➔ Bei Maschinen, die für den eigenen Gebrauch hergestellt werden, oder einer Gesamtheit von Maschinen, die vom Benutzer zusammengestellt wird (und welche nicht in Verkehr gebracht wird), greift also die Maschinenrichtlinie bzw. die Maschinenverordnung, sobald die Maschine oder die Gesamtheit von Maschinen erstmals in Betrieb genommen wird.

    Anders ausgedrückt: Eine Maschine muss sämtliche Bestimmungen der Richtlinie erfüllen, bevor sie erstmals für den vorgesehenen Verwendungszweck in der EU eingesetzt wird – auch wenn sie „nur“ im eigenen Betrieb genutzt wird.

     

    Irrtum 2 ➔ „Es ist ja keine komplexe Maschine, was ich hier gebaut habe, es hat noch nicht mal einen elektrischen Antrieb, also brauche ich kein CE-Kennzeichen.

    • Die Annahme, dass eine sehr einfache Konstruktion im Zusammenhang mit Maschinen von der CE-Kennzeichnungspflicht befreit, ist leider in den allermeisten Fällen falsch. Die Maschinenrichtlinie, sowie die bald gültige Maschinenverordnung fassen die Produkte, auf die sie anzuwenden sind, auch auf „Maschinen im weiteren Sinne“ zusammen. Diese Produkte sind also nicht unbedingt Maschinen im klassischen Sinne, fallen jedoch unter die MRL bzw. MVO und müssen entsprechend geprüft und CE-gekennzeichnet werden. „Maschinen im weiteren Sinne“ fallen gemäß §1 Absatz 1 der MRL auch darunter. Die MRL zählt hier auf: Maschinen; Auswechselbare Ausrüstung; Sicherheitsbauteile; Lastaufnahmemittel; Ketten, Seile und Gurte; Abnehmbare Gelenkwellen; unvollständige Maschinen.

    Dies bedeutet, also, dass jemand, der sich beispielsweise ein „simples“ Lastenaufnahmemittel, oder eine Hebevorrichtung oder eine Haltevorrichtung an einer Werkzeugmaschine baut und selbst nutzt, ab diesem Moment die Verantwortung eines Maschinenherstellers übernimmt und somit auch für eine relativ einfache Konstruktion an seiner Maschine oder Anlage haftet.

    Welche Produkte brauchen eine CE-Kennzeichnung nach der MVO?

    Nutzen Sie unser Schaubild zum Schnell-Check: Welche Produkte brauchen eine CE-Kennzeichnung nach der MVO?

    Diese Produkte fallen unter die MRL und MVO: Maschinen; Auswechselbare Ausrüstung; Sicherheitsbauteile; Lastaufnahmemittel; Ketten, Seile und Gurte; Abnehmbare Gelenkwellen; unvollständige Maschinen.

    Unvollständige Maschinen: benötigen keine CE-Kennzeichnung, allerdings eine Einbauerklärung. Sollten Sie unsicher, sein, ob es sich bei Ihrem Bauteil um eine unvollständige Maschine handelt, nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

    Irrtum 3 „Ich bin doch kein Maschinenhersteller, also hafte ich auch nicht.“

    • Die Annahme „Ich bin doch kein Maschinenhersteller, also hafte ich auch nicht.“ ist leider häufig falsch. Auch wenn auf der eigenen Visitenkarte nicht „Maschinenhersteller“ geschrieben steht und auch noch nie eine Maschine verkauft wurde – rechtlich gesehen wird ein Maschinenbetreiber zum Hersteller, sobald er/sie eine selbst (um)gebaute Maschine im Eigengebrauch nutzt. Die Neunte Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (9. ProdSV) führt diesen Sachverhalt in §2 genauer aus:

      Ein Hersteller ist jede natürliche oder juristische Person, die eine von dieser Verordnung erfasste Maschine oder eine unvollständige Maschine konstruiert oder baut und für die Übereinstimmung der Maschine oder unvollständigen Maschine mit dieser Verordnung im Hinblick auf ihr Inverkehrbringenunter ihrem eigenen Namen oder Warenzeichen oder für den Eigengebrauch verantwortlich ist.[…]

      Sowie in Artikel 2 der MRL wird unter Punkt i) ausgeführt:

      „Hersteller“ […]
      Wenn kein Hersteller im Sinne der vorstehenden Begriffsbestimmung existiert, wird jede natürliche oder juristische Person, die eine von dieser Richtlinie erfasste Maschine oder unvollständige Maschine in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt, als Hersteller betrachtet;

    Fazit: auch rein selbst genutzte Maschinen fallen unter die Maschinenverordnung (ProdSV) sowie die MRL/MVO und Betreiber haften im Sinne eines Herstellers mit all seinen Pflichten.

    Wenn eine technische Überholung oder Modernisierung ansteht, kann es sein, dass ein Betreiber seine Maschine umbaut. In diesem Fall wird er jedoch selber zum Hersteller und muss sich seinerseits mit dem Thema Konformität auseinandersetzen.

    Irrtum 4 ➔ „Wir bauen doch nur einen Schaltschrank und keine Maschine, da brauche ich kein CE.“

    Die Verpflichtung zur CE-Kennzeichnung gilt nicht nur für Produkte, welche unter die Maschinenrichtlinie bzw. Maschinenverordnung fallen, sondern für alle Richtlinien in der Gemeinschaft. Ein selbst hergestellter Schaltschrank braucht daher ebenfalls eine CE-Kennzeichnung, da dieser unter die Niederspannungsrichtlinie und EMV-Richtline fällt. Weitere Beispiele sind hier eigens hergestellte Testgeräte für interne Prüfzwecke, spezielle Beleuchtungseinrichtungen für die Maschine oder ein eigenes Bedienpult.

    Bevor Sie ein Teil an Ihrer Maschine austauschen, müssen Sie sorgfältig unterscheiden: Verbauen Sie nur ein identisches Ersatzteil, oder verändern Sie die ursprüngliche Maschine? Das könnte z.B. sein, wenn ein Ersatzteil nicht dem Original entspricht.

    Irrtum 5 ➔ „Unsere Anlage ist sicher, da wir nur Maschinen mit CE-Kennzeichen einsetzen.“

    Diese Aussage kann richtig sein, muss sie aber nicht. Wenn mehrere Maschinen als Gesamtheit im Sinne der Maschinenrichtlinie fungieren, muss eine übergeordnete CE-Kennzeichnung durchgeführt werden. Der Betreiber, der mehrere Maschinen zusammen anordnet und verkettet, steht daher in der Gefahr eine Gesamtheit von Maschinen zu erzeugen und somit Herstellerverantwortung für diese Anlage zu erlangen.

    Irrtum 6 ➔ „Ich nutze meine selbst gebaute Hebevorrichtung doch nur einmal im Jahr, dafür brauche ich keine CE-Kennzeichnung.“

    Hier gilt neben der Maschinenverordnung natürlich auch „common sense“. Der Spruch „Man hat schon Pferde kotzen gesehen.“ sollte einfach nicht auf Ihr Projekt zutreffen. Denn auch wenn man eine bestimmte Hebevorrichtung beispielsweise bei Sonderanfertigung nur ein einziges Mal nutzt, es kann genau in diesem Moment ein schlimmer Unfall – sogar mit Todesfolge – passieren. In diesem Fall trauern Sie anschließend nicht nur um einen Mitarbeiter, sondern Sie haften als Betreiber auch für die Folgen.

    Auch Lastenaufnahmemittel und Hebevorrichtungen brauchen ein CE-Kennzeichen nach der MVO

    Tipp: Erstellen Sie ein Übergabeprotokoll auch bei selbst genutzten Maschinen!

    Für Betreiber von Maschinen und Anlagen im Eigengebrauch

    Da Sie Ihre selbst gebaute Maschine im Eigengebrauch nutzen, übernehmen Sie zum einen die Verantwortung im Sinne eines Herstellers sowie auch automatisch, die des Betreibers. In dieser Rolle sind Sie nicht nur für die sichere Nutzung der Maschine zuständig, sondern auch für die Einhaltung aller relevanten Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen nach der Maschinenrichtlinie bzw. Maschinenverordnung.

    Um den Übergang von der Rolle des Herstellers zu der des Betreibers innerbetrieblich klar zu dokumentieren, hat sich die Verwendung eines Übergabeprotokolls bewährt. In diesem Protokoll können Sie wichtige Informationen zur Maschine festhalten, wie technische Details, durchgeführte Sicherheitsprüfungen und Anleitungen zur sicheren Handhabung. Es ist auch wichtig, die Verantwortlichkeiten zu definieren.

    Ein Übergabeprotokoll bietet nicht nur rechtliche Klarheit, sondern kann auch bei Überprüfungen durch Aufsichtsbehörden von Bedeutung sein. Es zeigt, dass Sie Maßnahmen ergriffen haben, um den rechtlichen Anforderungen und Sicherheitsstandards gerecht zu werden.

    Linktipp: Eine praktische Checkliste für den Eigenbau von Maschinen findet sich beispielsweise auf der Seite der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie.

    Unser Fazit

    Die CE-Kennzeichnung ist nicht nur beim Verkauf von Maschinen relevant, sondern auch bei deren Eigengebrauch nach Selbstbau oder Modifikation der Maschine oder Anlage. Betreiber von Maschinen sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und sicherstellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. Bei Unklarheiten zur Eigenkonstruktion ist es ratsam, sich an CE-Experten zu wenden, zum einen, um für Sicherheit im Betrieb zu sorgen, sowie zum anderen rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

     

    Wenn Sie mehr über die CE-Kennzeichnung bei Umbau von Maschinen erfahren möchten oder Unterstützung bei der Erstellung der erforderlichen Dokumentation benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren! Unsere Expertise kann Ihnen helfen, die Sicherheit und Effizienz Ihrer Maschinenanlagen zu gewährleisten.

    Lars Knorre

    CE-Fachwissen
    Direkt in Ihr Postfach

    CE-Fachwissen für Hersteller und Betreiber von Maschinen.

    Nach oben scrollen