Dass Maschinen im Laufe ihres Lebenszyklus Veränderungen durchlaufen, ist ganz normal. Abnutzung und Verschleiß gehören zur Benutzung von Maschinen dazu. Auch Modernisierungen mit neuen Technologien oder die Ergänzung von Komponenten bzw. Maschinen sind im KI-Zeitalter unvermeidlich. Regulatorisch bzw. gesetzlich wird die Verantwortung und Haftung solcher Veränderungen bis dato durch das ProdSG und den EU-BlueGuide geregelt. Die Maschinenverordnung vervollständigt nun das Thema „Wesentliche Veränderung“ und führt die Anforderungen und Verantwortungen für die verschiedenen Wirtschaftsakteure aus. Die Anforderungen werden damit in der EU vereinheitlicht. Für veränderte Maschinen trägt der Betreiber, Händler, Importeur oder der Hersteller selbst dann rechtlich gesehen die Herstellerpflichten inklusive eines neuen Konformitätsbewertungsverfahrens.
Was ändert sich mit der neuen MVO in Bezug auf die Wesentliche Veränderung von Maschinen?
Derzeit wird das Thema „Umbauten“ bzw. „Modifizierungen“ durch den Blue Guide sowie §73 des Leitfadens der Maschinenrichtlinie geregelt und durch das Interpretationspapier des BMAS konkretisiert. Die Maschinenrichtlinie selbst gibt hier also keine klare Regelung vor. Dies wird sich ab dem 20. Januar 2027 mit der neuen Maschinenverordnung ändern.
Eine Wesentliche Veränderung nach MVO Artikel 3 ist demnach:
eine vom Hersteller nicht vorgesehene oder geplante physische oder digitale Veränderung einer Maschine oder eines dazugehörigen Produkts nach deren Inverkehrbringen bzw. Inbetriebnahme, die die Sicherheit beeinträchtigt, indem eine neue Gefährdung entsteht oder sich ein bestehendes Risiko erhöht
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) war beteiligt an der Erstellung des Interpretationspapiers, das als amtliche Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht wurde.
In welchen Fällen greift die neue Regelung?
Dies ist in folgenden zwei Punkten der Fall:
Wenn trennende (Tür mit Zuhaltung, Klappe mit Sicherheitsschalter) oder nicht trennende Schutzvorrichtungen (Lichtschranke, Trittmatte, Laserscanner etc.) ergänzt werden und eine Anpassung der Sicherheitssteuerung erforderlich wird.
Oder
Wenn zusätzliche Schutzmaßnahmen zur Gewährleistung der Stabilität oder der Festigkeit der jeweiligen Maschine oder des dazugehörigen Produkts zu ergreifen sind.
Bei komplexen Umbauten empfiehlt es sich durch eine Risikobeurteilung zu analysieren, ob sich das Risiko erhöht hat.
Bereits vor der Planung eines Umbaus müssen Sie sich mit der Überlegung auseinandersetzen, ob es sich dabei um eine sogenannte wesentliche oder unwesentliche Veränderung handelt.
Welche Pflichten leiten sich daraus für wen ab?
In Artikel 18 werden die Pflichten für verschiedene Zielgruppen definiert.
Maschinenbetreiber
Eine natürliche oder juristische Person, die eine wesentliche Veränderung an einer Maschine oder einem dazugehörigen Produkt vornimmt, gilt für die Zwecke dieser Verordnung als Hersteller.
Dies gilt auch bei Eingriffen in die Gesamtheit von Maschinen:
Wenn sich die wesentliche Veränderung wie in der Risikobeurteilung gezeigt nur auf die Sicherheit einer Maschine oder eines dazugehörigen Produkts, das Teil einer Gesamtheit von Maschinen ist, auswirkt, für die betroffene Maschine bzw. das betroffene dazugehörige Produkt.
Nichtprofessionelle Nutzer
Ein nichtprofessioneller Nutzer, der eine wesentliche Veränderung an seiner Maschine oder seinem dazugehörigen Produkt für den Eigengebrauch vornimmt, gilt für die Zwecke dieser Verordnung nicht als Hersteller.
Händler / Einführer / Importeure
Neben dem Begriff „Wesentliche Veränderung“ wird in der EU-MVO in Artikel 17 – Herstellerpflichten für Einführer und Händler – der Begriff “Veränderung“ verwendet. Demnach gelten Einführer oder Händler als Hersteller, wenn sie ein unter die EU-MVO fallendes Produkt unter eigenem Namen / eigener Marke in Verkehr bringen oder an einem bereits in Verkehr gebrachten Produkt Veränderungen vornehmen, die sich auf die Konformität mit den geltenden Anforderungen auswirken kann.
Beim Import von Maschinen ist es wichtig, dass die aus dem Ausland gelieferten Maschinen eine in der EU gültige CE-Kennzeichnung haben. Importeure werden hier als Quasi-Hersteller zur Verantwortung gezogen.
Welche konkreten Schritte sind erforderlich?
In der Maschinenverordnung gelten die Wirtschaftsakteure, die eine Wesentliche Veränderung vorgenommen haben, als Hersteller. Dabei gelten die in Artikel 10 geltenden Pflichten. Somit müssen ein neues Konformitätsbewertungsverfahren und neue technische Unterlagen erstellt werden. Ein Hersteller muss gewährleisten, dass die Maschine oder das dazugehörige Produkt gemäß den Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen konstruiert und gebaut wurde. Diese Garantie muss nach einer wesentlichen Veränderung der Betreiber neu übernehmen. Auch für Händler und Importeure, gelten die Herstellerpflichten, wenn sie ein unter die EU-MVO fallendes Produkt unter eigenem Namen oder Marke in Verkehr bringen oder an einem bereits in Verkehr gebrachten Produkt eigenmächtig Veränderungen vornehmen. Wir beraten und unterstützen Sie gerne bei der CE-Kennzeichnung bei Importmaschinen.
Es lohnt sich immer, eine Veränderung von Maschinen im Vorfeld zu bewerten. Oft reichen bereits relativ einfache konstruktive Maßnahmen aus, um das Sicherheitsniveau der Maschine zu erhalten oder anzuheben, sodass die Regelungen zur wesentlichen Veränderung nicht greifen müssen. Das spart viel Zeit und auch Geld.
Wir empfehlen daher all unseren Kunden, sich schon vor der Planung eines Umbaus von Maschinen mit der Überlegung auseinanderzusetzen, wie umfangreich dieser ausfallen muss und ob es sich dabei um eine sogenannte wesentliche oder unwesentliche Veränderung handelt. Dieser Schritt ist von zentraler Bedeutung, denn die Unterscheidung kann rechtlich und finanziell erhebliche Folgen nach sich ziehen.
Unser Fazit zur MVO im Bezug auf die Wesentliche Veränderung von Maschinen
Die Maschinenverordnung definiert nun die Wesentliche Veränderung und schließt somit eine wichtige Lücke im Vergleich zur Maschinenrichtlinie. Die Anforderungen zur „Wesentliche Veränderung“ sind jedoch nicht neu, sondern stellen neben dem ProdSG, BlueGuide und Leitfaden zur MRL eine notwendige Ergänzung dar. Technisch gesehen bleiben die Bewertung zur „Wesentlichen Veränderung“ und die einhergehenden Konsequenzen identisch.
Neu ist jedoch, dass nun Einführer und Händler zum Hersteller werden, wenn sie das Produkt so „verändern“, dass sich dies auf die Konformität mit den geltenden Anforderungen auswirken kann. Betreiber, die ihre Maschine nicht wesentlich verändern, können unter Umständen diese Bedingung erfüllen und beim Verkauf zum Hersteller werden.
Wir empfehlen weiterhin: Überlegen Sie schon vor dem Umbau, ob sich das Risiko der Maschine oder der Anlage erhöht. Falls notwendig, sollte eine Risikobeurteilung durchgeführt werden und die Gefahren nach DIN EN ISO 12100 bewertet werden. Das Interpretationspapier des BMAS bietet einen guten Leitfaden zur Entscheidungsfindung.
Mit unserer Expertise im Bereich Maschinensicherheit, CE-Kennzeichnung, Risikobeurteilung und Technische Dokumentation beraten wir Sie individuell. Damit Sie sich schon heute auf das Thema durch eine CE-Beratung zur neuen MVO ab 2027 sinnvoll vorbereiten können!
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